Vor Kurzem nahm ich an einer Veranstaltung teil, in der das Thema der Emigration aus Deutschland intensiv diskutiert wurde.
Zuvor waren Aussagen gefallen wie: „Demokratien schaffen sich selbst ab!“ oder „Unsere Demokratie steckt in einer tiefen Krise“.
Schließlich wurde die radikale Idee geäußert, Deutschland zu verlassen. Diese Worte ließen mich innehalten und schwer schlucken. Zugegeben, die Lage scheint momentan düster. Doch lassen wir uns nicht von der Negativität überwältigen, sondern betrachten wir die Situation unserer Demokratie mit klarem Blick und Offenheit. Ja, es wurden in der Vergangenheit Fehler gemacht – keine Frage. Ein gravierender Fehler war, dass wir zu lange gezögert haben, entschlossen gegen Demokratiefeinde vorzugehen.
Die Toleranz der Demokratie wurde oft als grenzenlos missverstanden. Aber hier liegt der entscheidende Punkt: Die Demokratie hat sehr wohl Grenzen. Und sie hat die Kraft, sich zu verteidigen. Zweifellos stehen wir vor Herausforderungen, doch das ist keineswegs das Ende. Die überwältigende Mehrheit in dieser Gesellschaft lebt nicht nur in der Demokratie – sie schätzt und liebt sie.
Wir verfügen über die demokratischen Werkzeuge, um für sie zu kämpfen. Jeder und jede Einzelne von uns kann im eigenen Bereich dazu beitragen. Und genau das sehen wir zurzeit: Unsere Gerichte setzen klare Zeichen. Die jüngsten Urteile, etwa die Klarstellung, dass die AfD-Fraktion kein Anrecht auf Ausschussvorsitze hat, und die klare Grenze, die nach dem Thüringer Parlamentsdesaster gezogen wurde, machen Hoffnung. Es mag sein, dass wir nicht verhindern konnten, dass diese Partei gewählt wurde. Doch wir haben die Macht, sie durch konsequentes Umsetzen geltenden Rechts allmählich wieder zu marginalisieren.
Denn die Demokratie ist nicht schwach – im Gegenteil, sie ist stark. Wir müssen diese Stärke nutzen, um die Demokratie zu schützen, nicht um sie zu untergraben.