Mittlerweile ist es schon fast Standard, eine Debatte über die Meinungsfreiheit zu führen – was an sich gar nicht schlecht ist. Doch anscheinend ist man noch nicht wirklich weit damit gekommen. Stattdessen dreht man sich ein wenig im Kreis.
In unserer Zeit gibt es so viele Meinungen – und Non-Meinungen – wie noch nie. Ich habe für dieses Phänomen einen eigenen Begriff geprägt: die Non-Meinung. Vor allem die Non-Meinungen werden oft als echte Meinungen verkauft. Dahinter stehen Menschen, die nie gelernt haben, was eine wirkliche Meinung ist. Sie glauben nämlich, dass wahllose Beleidigungen, Vorurteile, Beschimpfungen, Diskriminierungen, Respektlosigkeiten, Menschenfeindlichkeiten, das Herabwürdigen anderer Positionen oder das pauschale Bewerten anderer Ansichten schon eine „Meinung“ seien. „So denkt man halt… ha… ha… ha.“ Doch das sind keine Meinungen. Das sind Non-Meinungen.
Eine Meinung ist diskriminierungsfrei und bewertungsfrei im Sinne persönlicher Herabsetzung. Mit einer echten Meinung attackiere ich nicht wahllos Migrant*innen oder andere gesellschaftliche Gruppen. Non-Meinungen hingegen erzeugen Antisemitismus. Durch Non-Meinungen entsteht Fremdenfeindlichkeit – während man vorgibt, nur „den Islam“ oder „andere Religionen“ zu kritisieren. Eine Non-Meinung bringt Fakten durcheinander, verzerrt Zusammenhänge und verschleiert die Realität.
Wirkliche Meinungen sind in unserer vielfältigen Welt dagegen wertvoll und unverzichtbar. Sie sind frei und führen zu Freiheit. Sie sind wertschätzend und respektvoll. Vor allem aber sind echte Meinungen demütig: Sie wissen, dass sie keinen Absolutheitsanspruch besitzen. Zwei Meinungen an einem Tisch – zwei verschiedene Theorien an einem Tisch – können zu enormem Fortschritt führen. Alles aber, was gegen die Grundwerte einer Meinung verstößt, sind Non-Meinungen. Und Non-Meinungen richten sich gegen Frieden und gegen Fortschritt.